Foto: Brengenzer Festspiele – Seebühne Copyright: Anja Köhler
Opern- und Schauspielfestivals sind beliebter denn je. Diesen Eindruck kann man gewinnen, wenn man sich die diesjährigen Festival-Besucherzahlen ansieht. Die Corona-Delle scheint – zumindest was die großen Festivals angeht – überwunden. Für den Orchester- und Klassikmarkt in Deutschland hatte der Musik- und Orchesterverband unisono bereits zum Sommerbeginn eine überwiegend positive Bilanz gezogen. unisono-Geschäftsführer Gerald Mertens resümierte, dass die Pandemiefolgen endgültig überwunden seien und die Publikumsnachfrage zum Saisonende 23/24 teilweise noch größer sei als vor Corona. Besonders erfolgreich seien dabei eigene Festivalveranstaltungen großer Häuser.
Der Blick auf den Publikumszuspruch von vier großen Opern- und Schauspielfestivals in Deutschland und Österreich bestätigt diesen Trend. Wenngleich selbst eines der traditionsreichsten Festivals in Deutschland im Hinblick auf die Besucherzahlen auch in diesem Jahr noch nicht an das Vor-Coronaniveau anknüpfen konnte.
Bad Hersfelder Festspiele
Der langjährige Intendant Joern Hinkel hat mit den 73. Bad Hersfelder Festspielen einen persönlichen Besucherrekord erzielt: Über 103.000 Zuschauerinnen und Zuschauer haben die Aufführungen in der Stiftsruine und im Schloss Eichhof sowie weitere Veranstaltungen in diesem Jahr besucht. Das entspricht einer Gesamtauslastung von fast 96 Prozent.
Über das beste Ergebnis seit vielen Jahren, freute sich auch die Bad Hersfelder Bürgermeisterin Anke Hofmann. Im Vorjahr kamen mehr als 90.000 Zuschauer, was fast dem Niveau von 2019 (96.000 Zuschauer) entsprach. 2021 waren nur 42.000 Besucher bei den Bad Hersfelder Festspielen. 2020 wurden die Festspiele sogar abgesagt.
Begeistern konnten in diesem Sommer vier Stücke mit vielen namhaften Künstlerinnen und Künstlern in der Stiftsruine: „Die Dreigroschenoper“ (Inszenierung Michael Schachermaier, Musikalische Leitung Lukas Maier), das Musical „A Chorus Line“ (Inszenierung & Choreografie Melissa King, Musikalische Leitung Christoph Wohlleben), die Wiederaufnahme von „Das kleine Gespenst“ (Inszenierung & Musik Oliver Urbanski) und „Wie im Himmel“ (Inszenierung Joern Hinkel, Musik Jörg Gollasch). Im Schloss Eichhof feierten die Zuschauer die Komödie „Der Vorname“ in der Inszenierung von René Heinersdorff.
Laut Bernd Hämmelmann, seit Anfang April 2024 Fachbereichsleiter für Kultur, Tourismus und Stadtmarketing in Bad Hersfeld und kaufmännischer Leiter der Bad Hersfelder Festspiele, ist es gelungen mehr jüngeres Publikum zu den Festspielen zu locken.
Der Gesamt-Etat der 73. Bad Hersfelder Festspiele beläuft sich auf 8,3 Millionen Euro. Der Bund gibt 870.000 Euro, und das Land Hessen bezuschusst die Festspiele mit 770.000 Euro. Die Stadt Bad Hersfeld wendet 1,5 Millionen für die Festspiele auf und der Landkreis Hersfeld-Rotenburg fördert die Festspiele mit 200.000 Euro.
Mit den nächsten Festspielen gibt Joern Hinkel seinen Ausstand. Ab 2026 wird wieder eine Frau die Geschicke der Bad Hersfelder Theater-Festspiele lenken. Elke Hesse, von 2006 bis 2009 bereits Intendantin der Bad Hersfelder Festspiele wird Nachfolgerin von Hinkel.
Bayreuther Festspiele
Die Bayreuther Festspiele gehören zu den renommiertesten und traditionsreichsten Festspielen. In diesem Jahr wurden die 31 Aufführungen der Wagner-Werke von rund 58.000 Zuschauer:innen auf dem Grünen Hügel besucht. Damit liegen die Festspiele etwas auf Vorjahresniveau. In 2019 kamen über 62.000 Besucher:innen. Auch hier zeichnet sich ein Aufwärtstrend ab, wenn das Vor-Coronaniveau auch noch nicht erreicht ist. Immerhin: Alle 30 Vorstellungen waren ausverkauft.
Die Festspiele wurden mit einer Neuproduktion von „Tristan und Isolde“ eröffnet. Die Veranstaltungsreihe „Diskurs Bayreuth“ fand als Rahmenprogramm bereits zum neunten Mal statt und beschäftigte sich in diesem Jahr mit dem Thema „Wagners Lust-Spiele“. Es fanden Begegnungen zwischen Künstlerinnen und Künstlern, Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern und Publikum auf dem Grünen Hügel statt. Beteiligt waren u.a. Thorleifur Örn Arnarsson, Georg Friedrich Haas, Alex Ross, Michael Kupfer-Radecky, Dr. phil. habil. Kai-Hinrich Müller und Matthias Davids.
Bereits zum fünfzehnten Mal fand, realisiert durch die BF-Medien, das Projekt Wagner für Kinder statt. Eine eigens für Kinder geschaffene Version von „Der fliegende Holländer“ wurde insgesamt zehn Mal mit größter Begeisterung auf der Probebühne IV aufgeführt, alle Vorstellungen waren mit ca. 2.000 jungen Besuchern ausverkauft.
Erneut haben die Bayreuther Festspiele jungen Menschen bis 25 Jahre im Rahmen von „Wagner for Starters“ ein Kontingent vergünstigter Karten angeboten, die Nachfrage überstieg das Angebot bei Weitem. Ebenso beteiligten sich die Bayreuther Festspiele an der Initiative der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien, dem Kulturpass. Beide Angebote werden auch 2025 fortgesetzt.
Und auch beim Thema Inklusion gehen die Festspiele voran. Seit diesem Jahr gibt es eine Induktionsanlage für Menschen mit Hörbeeinträchtigung. Auf über 200 Plätzen wird damit Nutzer:innen von Hörgeräten und Hörimplantaten mit Induktions- bzw. Telefonspule ein direktes Hören und besseres Sprachverstehen ermöglicht.
Salzburger Festspiele
Zu den Salzburger Festspielen kamen in diesem Jahr über 250.000 Besucher·innen aus 77 Ländern, davon 40 außereuropäische Nationen. Damit wurde das Ergebnis des letzten Jahres um fast 10.000 Besucher:innen gesteigert. Die Auslastung lag in beiden Jahren um 98 Prozent. Auch in Salzburg sind die Vor-Coronazahlen absolut noch nicht ganz erreicht. 2019 wurden 200 Vorstellungen angeboten und mehr als 270.000 Besucher:innen gezählt. In diesem Jahr gab es 172 Aufführungen. Auslastung erneut über 98 Prozent.
Bregenzer Festspielen
Die 78. Bregenzer Festspielsaison endete mit über 274.000 Gesamtbesucher:innen. Innerhalb von fünf Wochen standen mehr als 80 Veranstaltungen auf dem Spielplan des Sommerfestivals am Bodensee. Allein Philipp Stölzls Inszenierung von „Der Freischütz“ auf der Seebühne begeisterte 198.655 Besucher:innen.
Damit übertrifft die Gesamtzahl der Besucher:innen der diesjährigen Festspiele das Ergebnis von 2019 um knapp 25.000 Besucher:innen. Auch hier scheint der Corona-bedingte Publikumsrückgang beendet.
Fazit
Viele Erfolgsmeldungen kommen auch von anderen Festspielen und Festivals. Der Wunsch in der Bevölkerung nach vielfältigen, kulturellen Angeboten auf hohem Niveau bleibt ungebrochen und selbst wirtschaftliche Belastungen, etwa durch inflationsbedingt gestiegene Lebenshaltungskosten vermögen dies nicht zu verhindern. Ein positiver Blick nach vorne, scheint mehr als berechtigt.