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aktualisiert 28. Juni 2023
Die seit Oktober 2022 andauernden Tarifverhandlungen zur Arbeitszeit für NV Bühne-Beschäftigte sind laut aktueller Meldungen der Tarifpartner ins Stocken geraten.
Der Deutsche Bühnenverein wirft den NV Bühne-Gewerkschaften (GDBA, BFFS, VdO) Verweigerung zur Fortsetzung der konstruktiven Gespräche vor. Laut Aussage von Dr. Armin Augat, Vorsitzender des Tarifausschusses, wollen die Gewerkschaftvertreter:innen Themen diktieren und seien nicht zu Gesprächen und Konzessionen bereit. Positionen der Arbeitgeberseite würden strikt abgelehnt.
Die drei Künstler*innen-Gewerkschaften betonen in ihrer Stellungnahme zum Abbruch der Verhandlungen durch den Bühnenverein hingegen, dass sie gemeinsam konkrete und umfassende Vorschläge zum Abbau bzw. Ausgleich von Spitzenbelastungen vorgelegt haben sowie auf Bedenken des Deutschen Bühnenvereins immer wieder mit weiterführenden Kompromissvorschlägen eingegangen seien.
Wie auf der Website der GDBA – die Genossenschaft Deutscher Bühnen-Angehöriger steht, ist der Normalvertrag (NV) Bühne seit vielen Jahren in der Kritik. Arbeitszeit, Bezahlung, Sozialschutz seien darin mangelhaft bis gar nicht geregelt.
Die Forderungen der GDBA zielen auf mehr Entlastung und Planbarkeit im künstlerischen Alltag. Insbesondere fordern die GDBA und ihre Schwestergewerkschaften die Einführung eines neuen Arbeitszeitmodells (Rahmenmodell), sowie Regelungen zu freien Tagen, Ruhezeiten, Wochen- und Tagessplänen sowie zur Erreichbarkeit. Die Forderungen veröffentlicht die DGBA auf ihrer Website unter https://www.gdba.de/nv-buehne-reform/.
Die Forderungen bzw. Angebote der Arbeitgeberseite bleiben dagegen für die Öffentlichkeit intransparent.
Um zu einer Annäherung zu gelangen, hat der Deutsche Bühnenverein einen gemeinsamen moderierten Workshop vorgeschlagen.
Claudia Schmitz, Geschäftsführende Direktorin des Deutschen Bühnenvereins: „Es ist unsere Aufgabe, für die künstlerisch Beschäftigten an den Bühnen tragfähige Arbeitszeitregelungen zu schaffen, um so Arbeit besser planbar zu machen und Spitzenbelastungen auszugleichen. Im gemeinsamen Interesse aller Beteiligten darf der Verhandlungsfaden nicht abreißen.”
Bernhard F. Störkmann, geschäftsführender Justiziar des BFFS konstatiert: „Die Aufrechterhaltung des Status Quo und gar Verschlechterungen der Arbeitsbedingungen kann nicht Grundlage eines Verhandlungsfortgangs sein.“
Tobias Könemann, Geschäftsführer der VdO: „Das Ziel der Verhandlungen ist es, Verbesserungen der Arbeitsbedingungen zu erreichen, ohne die künstlerischen Schaffensprozesse zu beeinträchtigen. Das sieht der Bühnenverein nicht ein“.
Lisa Jopt, geschäftsführende Präsidentin der GDBA: „Überlastung und fehlende Planbarkeit plagen die Theaterschaffenden seit vielen Jahren. Wir werden nun neue Wege gehen, um diesen Zustand zu ändern“.
Die Forderungen der Gewerkschaften:
Freie Tage:
- Die Freie Tage-Regelung soll für alle verständlich und gleich sein.
- Die Freie Tage-Regelung aus der Sonderregelung Chor (NV Bühne §74) soll übernommen und angepasst werden, wir wollen einen freien Werktag pro Kalenderwoche und einen halben freien Tag je Woche.
- Zwischen den freien Werktagen dürfen nicht mehr als zehn Arbeitstage liegen.
- Nach einem halben freien Tag darf nicht länger als vier Stunden gearbeitet werden.
- Für das Arbeiten an einem Wochenfeiertag fordern wir einen freien Werktag innerhalb von vier Wochen als Ersatz.
- Die freien Tage müssen drei Monate im Voraus bekannt gegeben werden.
- Der 1. Mai und 24. Dezember sollen dienstfrei sein.
- Spätestens jede 3. Kalenderwoche soll es 1,5 zusammenhängende freie Tage geben.
- Allen steht ein freies Wochenende pro Monat zu (ganzer Samstag, ganzer Sonntag).
Ruhezeiten:
- 4 Std. zwischen zwei Proben
- 5 Std. vor Haupt- und Generalproben
- 4 Std. zwischen Vorstellungen, Vormittagsvorstellung und Probe
- 5 ½ Std. für Solo vor großen Partien/Rollen
- 5 ½ Std. für Opernchor vor großen Choropern
- 5 ½ Std. für Tanz: wenn es sich ausschließlich um eine Ballettvorstellung handelt
Ausgleich bei Verkürzung der Ruhezeiten
- 1/3 Tagesgage bei Verkürzung der Ruhezeit um 1 Stunde
- 2/3 Tagesgage bei Verkürzung um 2 Stunden
Arbeitszeiten und das Rahmen-Modell (AT):
- Arbeitszeit soll nicht mehr als 8 Stunden dauern. Eine Stunde davon ist Vertrauensarbeitszeit.
- Einführung eines Modells zur Quantifizierung von Arbeitszeit – Das Rahmen-Modell (Arbeitstitel)
- Das Rahmen-Modell berechnet Arbeitszeit in 4 Stunden-Pauschalen. Dieses Pauschalen heißen Regel-Rahmen.
- Wenn ein Regel-Rahmen vom AG nicht beansprucht wird oder nur 10 Minuten gearbeitet wurde, werden im Rahmen der Arbeitszeiterfassung 4 Stunden berechnet.
- Überschreitungen der vorgesehenen Regel-Rahmen-Anzahl sind möglich und werden extra vergütet.
Planbarkeit:
- Die freien Tage müssen 3 Monate im Voraus bekannt gegeben werden
- Abschaffung der Erreichbarkeitspflicht
- Verbindliche Wochen- und Tagespläne
Neusortierung der Geltungsbereiche:
- „Büro raus aus Solo“
Folgende Berufe sollen in den Geltungsbereich von SR ATuV: Ausstattungsleiter:innen, Direktor:innen des künstlerischen Betriebs, Direktor:innen, soweit sie Arbeitnehmer: innen sind, Disponent:innen, Dramaturg:innen, Grafiker:innen, Leiter:innen des KBBs, Orchestergeschäftsführer:innen (Management und Direktorat), Pressereferent:innen, Referent:innen / Assistent:innen von Intendanz sowie von den künstlerischen Betriebs-Theaterfotograf:innen, Referent:innen der Öffentlichkeitsarbeit, Orchester-/Chor-/Tanzbüro, Theaterpädagog:innen / -vermittler:innen - Aus ATuV (V= Verwaltung) soll ATuB werden (B= Büro)
- Einführung SR Gast
Mitbestimmung:
- Stärkung der Vorstände (als Prävention vor Missbrauch der Teilzeitregelung)
- Damit sich die Vorstände weisungs- und angstfrei für ihre Wähler:innen einsetzen können, müssen sie Nichtverlängerungsschutz bekommen.
- Die Vorstände von Solo und BT sollen die gleichen Rechte wie die Vorstände des Opernchores und Tanz bekommen.
- Schulungsrecht-/Pflicht – Kosten trägt der Arbeitgeber (vgl. Betriebsverfassungsgesetz §37)
- Arbeitsbefreiung für Gewerkschaftsfunktionär:innen für Gewerkschaftsarbeit
- Die Beteiligungsrechte der Vorstände müssen bei den Themen „Arbeitszeit“ und „Teilzeit“ gestärkt werden.