Foto: Causales
Herr Walter, mit Ihrer Agentur Causales unterstützen Sie kulturelle Einrichtungen und Festivals seit vielen Jahren bei Markenaufbau und Sponsorensuche. Welche Auswirkungen hat Corona aus Ihrer Sicht auf das Kultursponsoring in Deutschland?
Die Pandemie hat die Dynamik im Markt gelähmt. Neue Projekte haben es derzeit leider schwer, Sponsoren aus der Wirtschaft zu gewinnen. Die Wirtschaftsunternehmen bleiben allerdings ihren vorpandemischen Zusagen treu und es gibt keine wahrnehmbaren Rückzugstendenzen der privatwirtschaftlichen Förderer. Hoffen wir, dass die Stagnation bald ein Ende hat und der Markt sich wieder bewegt.
In jeder Krise steckt immer auch eine Chance. Welche Chance könnte Ihrer Meinung nach in der Corona-Krise in Bezug auf das Kultursponsoring und die Kulturfinanzierung generell stecken?
Eine große Chance für bisherige Partnerschaften besteht darin, die bisherigen Standards der Vereinbarungen in die pandemischen Bedingungen zu übersetzen und beidseitig kreativ zu werden. Die Staatsoper Unter den Linden hat zum Beispiel in Kooperation mit ihrem Partner BMW eine Liveübertragung von Puccinis „La Fanciulla del West“ im ersten Berliner Opern-Pop-Up-Autokino auf dem Rollfeld des Flughafen Tempelhof realisiert. Unter dem Motto „Staatsoper goes Wild West“ wurden Hunderte mobile Opernsäle geschaffen.
Vom 10. bis 12. November veranstalten Sie zum 13. Mal den KulturInvest!-Kongress der in diesem Jahr in Dresden stattfinden wird. Welche Rolle spielt dabei das Kultursponsoring? Welche spannenden Vorträge können die Teilnehmer:innen zu diesem Thema erwarten?
Wir freuen uns sehr, auf dem KulturInvest!-Kongress in Dresden allein 4 von 18 Themenforen zum Thema Kulturfinanzierung anbieten können. Dazu gehören Kulturfinanzierung, Kulturförderung, “Corporate Social Responsibility” und natürlich Kultursponsoring. Die Teilnehmer:innen können sich auf Vorträge und Diskussionen mit der Sparkassen-Gruppe, der Deutsche Post DHL-Group sowie von BMW, BASF, Bayer und Siemens freuen.
Wo sehen Sie vor dem Hintergrund Ihrer langjährigen Erfahrungen heute noch die größten Schwachstellen bei Theatern, Opern- und Konzerthäusern sowie Festivals in Deutschland, wenn es darum geht, Finanzmittel zu akquirieren?
Das „Betteln auf hohem Niveau“ steht leider immer noch bei vielen Kulturanbieter:innen auf der Tagesordnung. Es fehlt an kreativen Ideen und insbesondere dem Bewusstsein, mit individuellen Angeboten den potenziellen Sponsoren einen Nutzen zu stiften. Sponsoring und natürlich auch Kultursponsoring ist ein vielseitiges Gegengeschäft. Dazu gehört mehr als eine Logopräsenz des Sponsors.
Was ist Ihre Vision für die Zukunft kultureller Angebote?
Die Sehnsucht nach echten Gemeinschaftserlebnissen ist seit den pandemischen Einschränkungen größer denn je und kann nicht durch digitale Übertragungen ersetzt werden. Wir müssen unser Publikum mit viel Experimentierfreude wieder aus der digitalen Komfortzone locken, ein Eintauchen und Mitmachen ermöglichen und das an ungewöhnlichen Orten. Zur hohen Kunst wird zukünftig gehören, eben diese aus den Elfenbeintürmen bürgerlicher Repräsentation zu holen und in den Kunsttempeln etwas anzubieten, was die Menschen im 21. Jahrhundert wirklich bewegt. Diese innovativen Ideen zeichnen wir übrigens mit den Europäischen Kulturmarken-Awards seit 16 Jahren aus.